Wir alle wissen, dass Fettleibigkeit ein großes Gesundheitsproblem darstellt. Angaben der Weltgesundheitsorganisation zufolge sind weltweit 650Millionen Menschen krankhaft fettleibig und die Rate der Fettleibigkeit hat sich gegenüber 1975 verdreifacht1. Die US-Gesundheitsbehörde Centers for Disease Control and Prevention (CDC) schätzt, dass 42,4% der Erwachsenen fettleibig sind, verglichen mit 30,5% im Zeitraum 1999/20002–und diese Einschätzung stammt noch aus der Zeit vor Ausbruch der Pandemie. Der prozentuale Anteil der Erwachsenen in den USA, die als stark fettleibig eingestuft werden, ist von 2000 bis 2017/18 von 4,7% auf 9,2% gestiegen. Als stark fettleibig gelten Personen mit einem BMI (Body-Mass-Index) von über 403, das heißt, ein 1,80Meter großer Mann müsste über 126 kg wiegen. Noch mehr Sorgen bereitet jedoch der rasante Anstieg der Fettleibigkeit unter Kindern: In den USA gelten inzwischen 19,3% der Kinder zwischen zwei und 19Jahren als fettleibig.4 Und das Problem wird nur noch zunehmen.
Es deutet viel darauf hin, dass Fettleibigkeit das Entstehen verschiedener Krankheiten begünstigt: Diabetes Typ 2, Bluthochdruck, erhöhter Cholesterinspiegel und Herz-Kreislauf-Krankheiten; Schlaganfälle, Stoffwechselkrankheiten, Leber-und Nierenerkrankungen sowie bestimmte Krebsarten.
Man geht davon aus, dass einer von 13Todesfällen in Europa auf Fettleibigkeit zurückzuführen ist.5 Hinzu kommen noch erhebliche finanzielle Belastungen für die Gesellschaft. Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass den weltweiten Gesundheitssystemen aufgrund von Fettleibigkeit Kosten von 1,2Billionen US-Dollar entstehen.6 In den USA belaufen sich die Kosten laut CDC auf jährlich 147Milliarden US-Dollar. Die Behörde schätzt, dass die Kosten, die dem Gesundheitssystem durch eine fettleibige Person entstehen, um 1.429US-Dollar höher sind als bei einer normalgewichtigen Person.7
Was können wir dagegen machen?
Nun, Diät und Sport sind die althergebrachten Lösungen: weniger essen, mehr bewegen. Diäten gibt es wie Sand am Meer: die Atkins-Diät, die Mittelmeerdiät, die Paleo-Diät, 5:2-Intervallfasten, die Keto-Diät, die Dukan-Diät, die South-Beach-Diät … suchen Sie sich etwas aus. In Amerika werden pro Jahr mehr als fünf Millionen Diätbücher gekauft8, zudem verdient die Diät-und Gesundheitsbranche pro Jahr 72 Milliarden US-Dollar mit Menschen, die versuchen, schlank zu werden9. Bedauerlicherweise gelingt es nur rund 20% der Erwachsenen, die mit einer Diät abgenommen haben, ihren Gewichtsverlust länger als ein Jahr zu halten.10 Man könnte fast das Gefühl haben, dass der menschliche Körper gegen den Gewichtsverlust ankämpft und die überschüssigen Pfunde nicht hergeben will, aus Furcht, in der Zukunft könnte ein Kalorienmangel herrschen. Ein Gewichtsverlust löst eine hormonelle Reaktion aus, die zu größerem Hunger führt und Menschen dazu bringt, mehr zu essen. Geringfügige Abweichungen zwischen den genetischen Codes einzelner Menschen können für erhebliche Unterschiede beim Gewichtsmanagement sorgen. Doch trotz dieser medizinischen Beweise ist Fettleibigkeit mit einem Stigma behaftet und wird in überdurchschnittlich hohem Maße mit Depressionen und anderen psychologischen Problemen in Verbindung gebracht.
Kann die Wissenschaft Anlass zur Hoffnung geben? Nun, zwei der Unternehmen, an denen das Team für globale Aktien interessiert ist, nämlich Novo Nordisk und Eli Lilly11, halten das für möglich. Beide habenschon in der Vergangenheit verschiedene Behandlungsmöglichkeiten für Diabetes entwickelt. Diese Therapien gehören zu denjenigen, die auch bei Fettleibigkeit zum Einsatz kommen können. Bei diesen Medikamenten handelt es sich um GLP-1-Analoga, die den Appetit unterdrücken, indem sie das Peptidhormon Glucagon-like Peptide1 nachahmen, das nach dem Essen im Körper freigesetzt wird. Es löst bei Menschen ein Sättigungsgefühl aus, sodass sie weniger Kalorien zu sich nehmen. Ursprünglich wurden diese Medikamente bei Prädiabetes eingesetzt, damit das Spritzen von Insulin so spät wie möglich nötig wird. Inzwischen stellt sich aber heraus, dass sie auch bei der Bekämpfung des allgemeinen Problems der Fettleibigkeit nützlich sein könnten.
Wegovy, das Präparat von Novo, ist bereits auf dem Markt und hat seine Wirksamkeit in der STEP-1-Studie unter Beweis gestellt. In 68Wochen verzeichneten die Patientinnen und Patienten einen Gewichtsverlust von 15% oder knapp 16kg (Abbildung1). Eli Lilly wirdim späteren Jahresverlauf die Ergebnisse seiner Studie vorlegen. Man geht jedoch allgemein davon aus, dass die Ergebnisse mindestens ebenso gut ausfallen werden, wenn nicht sogar besser.
Der Bedarf an derartigen Medikamenten ist offensichtlich und wir stufen diese Arzneimittel als die ersten einer ganzen Reihe von Präparaten ein, die in den nächsten zehn oder mehr Jahren auf den Markt kommen werden. Andere Unternehmen werden ebenfalls versuchen, auf diesen Markt vorzudringen, aber Lilly und Novo haben hier einen Forschungsvorsprung von mindestens zehn Jahren. Zudem profitieren sie von klaren Größenvorteilen, denn sie stellen diese Medikamente bereits für die Behandlung von Diabetes her. Mit dieser zweiten Indikation steigt noch das Absatzvolumen bei einem Medikament, das schwer herzustellen ist.
Abb.1: größerer Gewichtsverlust bei der Einnahme von Wegovy
Quelle: Novo Nordisk, https://www.novomedlink.com/obesity/products/treatments/wegovy/efficacy-safety/clinical-trial-1-results.html
Wie groß ist der potenzielle Markt? Nun, in die Abschätzung fließen viele verschiedene Faktoren ein–der erste ist ganz schlicht die Anzahl der Menschen. Es gibt allein fast 24Millionen Amerikanerinnen und Amerikaner mit einem BMI von 40+ –wenn ihnen allen das Medikament ein Jahr lang zum Listenpreis von 12US-Dollar pro Tag verabreicht wird, dann wären das in den nächsten etwa zehn Jahren 105Milliarden US-Dollar. Es wird Preisnachlässe geben, sodass diese Zahl niedriger ausfallen wird. Doch das National Institute for Health and Care Excellence (NICE), die notorisch Preis-Leistungs-bewusste britische Arzneimittelbehörde, hat Wegovy 12 bei Menschen mit einem BMI von über 35 und gewichtsbedingten Gesundheitsproblemen zugelassen. Unter bestimmten Umständen können auch Menschen mit einem BMI von über 30 das Präparat erhalten. Der US-Markt ist viermal so groß–aber irgendjemand muss die Kosten dafür tragen. Um Krankenversicherer in Nordamerika zu überzeugen, wären Beweise für gesundheitliche Vorteile in Form besserer Behandlungserfolge bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen und anderer gesundheitlicher Vorteile erforderlich. Novo und Lilly haben bereits Studien geplant, mit denen diese Vorteile belegt werden sollen.
Einiges deutet auch darauf hin, dass die Behandlungsdauer auf zwei Jahre verlängert werden sollte, um eine Art „Neustart“ des Organismus herbeizuführen und zu verhindern, dass das Gewicht sofort wieder zugenommen wird. Wir gehen daher davon aus, dass auch Studien zur optimalen Behandlungsdauer durchgeführt werden. In Amerika zahlen die Menschen mehr für ihre Medikamente, aber man kann grob sagen, dass der weltweite Markt etwa doppelt so groß sein dürfte wie der US-Markt. Die potenziellen Zahlen sind also immens und werden sich erst in den nächsten zehn Jahren genau abzeichnen.
Euphorisch stimmt uns, dass dieser wachsende und potenziell riesengroße Marktzunächst von einem bestehenden Diabetesmedikament abgedeckt wird. Die bereits bestehenden Fertigungseffizienzen dürften damit auch höhere Gewinnmargen ermöglichen. Für mich ergibt sich jedoch eine schwierige Frage: Sollte ich mit einem BMI von etwa 30 lieber wieder die Keto-Diät befolgen oder sollte ich auf die Rettung durch die Medizin warten? Viele von uns würden gerne 15% bis 20% ihres Körpergewichts verlieren, das bezeugen die fünf Millionen Diätbücher, die jährlich in den USA verkauft werden.